Montag, 11. Januar 2016

"Die Logik von Krieg und Gewalt umkehren...!" Interview

„Die Logik von Krieg und Gewalt umkehren“ – David Schwarzendahl im Interview



Angesichts der völkerrechtlich fragwürdigen Entsendung von Tornado-Kampfflugzeugen und über 1.200 Soldatinnen und Soldaten in die Kriegsgebiete Syrien und Irak stellt sich auch auf Ebene der Bundesländer die Frage, wie Friedenspolitik statt Kriegslogik gestaltet werden kann. In unserem Interview nimmt David Schwarzendahl, Kandidat auf Platz 8 der Landesliste DIE LINKE. Rheinland-Pfalz für die Landtagswahl am 13. März, dazu Stellung.
Frage: David, so unglaublich es klingen mag: Deutschland ist seit 25 Jahren souverän und trotzdem lagern in Rheinland-Pfalz noch immer US-amerikanische Atomraketen, von Ramstein aus wird ein weltweiter Drohnenkrieg mit hohen Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung geführt, im August 2015 wurden neue „Raptor“-Kampfflugzeuge in Spangdahlem stationiert. Jetzt starten Einheiten der Bundeswehr in einen NATO-Krieg, ohne dass dafür ein Mandat der Vereinten Nationen existiert. Was läuft da schief?
David Schwarzendahl: Die traurige Realität in Rheinland-Pfalz ist: völkerrechtlich leben die Menschen hier seit 1951 in einem Kriegsgebiet, denn Krieg beginnt nicht erst auf dem Schlachtfeld, sondern schon bei der Logistik und der Kriegsunterstützung. Ob weltweite Truppenbewegungen der US-Streitkräfte oder Drohnenangriffe, alles wird über Ramstein gesteuert und all das ohne Widerspruch unserer Volksvertreter. Und dabei heißt es doch: Von deutschem Boden soll nie wieder Krieg ausgehen. Die Bundes- und die Landesregierung und mit ihnen die Grüne Partei scheinen das vergessen haben. Wir LINKEN nicht! Wir sind die Friedenspartei und sagen deshalb nein zum US-Militär auch in Rheinland-Pfalz!
Noch immer sind 60.000 US-Soldaten und ihre Familien hier stationiert. Im Zusammenhang mit dem Abzug von US-Truppen kommt immer wieder die Frage nach den Arbeitsplätzen auf. Von bundesweit rund 11.000 Menschen stehen in unserem Bundesland mehr als 1.000 im Dienst der US-Armee. Was muss aus Sicht der LINKEN getan werden, um die einem Truppenabzug folgenden Arbeitsmarktprobleme zu lösen?
David Schwarzendahl: Die Schlüsselfrage ist doch, was die Zivilkräfte jetzt machen. Lassen sich die Jobs auf das Zivilleben übertragen? Die Antwort lautet eindeutig ja. Denn es sind keine militärischen Expertinnen und Experten, sondern in der Regel Menschen mit ganz normalen Berufen wie Busfahrer, Krankenhauspersonal, Putzhilfen. Dafür ist immer und überall Bedarf, zumal im öffentlichen Dienst. Es kommt nur auf den Willen der politisch Verantwortlichen an, hier einen arbeitnehmerfreundlichen und sozialverträglichen Wechsel zu steuern. Das ist nicht einfach, weil es lange dauern kann, aber man muss endlich damit anfangen.
Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kostet das neue US-Militärhospital in Weilerbach mindestens die offiziell veranschlagten 130 Millionen Euro, 50 Hektar Wald werden ohne gesetzliche Verfahren gerodet. Auch ökologisch richtet die militärische Nutzung in Rheinland-Pfalz erhebliche und dauerhafte Schäden an. Die bisherigen Landesregierungen einschließlich Rot-Grün haben sich in dieser Frage ja nicht gerade mit Ruhm bekleckert...
David Schwarzendahl: Ganz klar, hier gilt das Verursacherprinzip. Aufforstung, Renaturierung und und und kommen auf uns zu. Wer die Umwelt kaputt macht, der muss auch für die Kosten aufkommen! Aber ich möchte noch weiter gehen und die Frage stellen, wer dieses Hospital nutzen wird. Wenn man skrupellos von der Pfalz aus Zivilisten in aller Welt bombardiert, dann muss man auch die Folgen tragen und diese Verletzten hier behandeln. Und das heißt weiter: Die Landes- wie auch Bundesregierung sollte mal die Backen zusammen kneifen und die US-Verantwortlichen für eine menschenwürdige Lösung bei der Aufnahme von Kriegsopfern und -flüchtlingen zur Verantwortung ziehen.
Landesinvestitionen in Konversionsprogramme können schief gehen, wenn sie ohne Sinn und Verstand verlaufen: Der Flughafen Hahn kostete den Steuerzahler bislang 500 Millionen Euro Subventionen, Zweibücken „bescheidene“ 50 Millionen und auch das Konversionsprojekt „Landesgartenschau“ in Trier machte 14 Millionen Miese. Wie will DIE LINKE dem entgegensteuern?
David Schwarzendahl: Da gibt es eine klare Antwort – wir werden eine gerade Linie fahren. Solange wir massive Probleme mit der Zunahme von Armut haben, solange rund 150.000 Wohnungen fehlen und solange Bildung noch immer vom Geldbeutel der Eltern abhängt, solange stecken wir auch kein Geld in Prestigeobjekte, Luftnummern und Träumereien.
Wie sehen die konkreten Forderungen der LINKEN. Rheinland-Pfalz hinsichtlich einer gelungenen Konversion aus?
David Schwarzendahl: Als erstes müssen wir die wirklichen Schäden erfassen und die Folgen öffentlich dokumentieren. Dann beginnen die Aufgaben für Aufforstung, Kampfmittelräumdienste etc. Fragen der Nachhaltigkeit müssen beantwortet werden und in die Planungen einfließen, Bürgerinnen und Bürger beteiligt werden. Dabei wird die Frage der Weiterbeschäftigung von Menschen, die heute beim Militär arbeiten, eine entscheidende Rolle spielen: die sozialen Belange müssen berücksichtigt werden, wir wollen keine Konversion auf Kosten der Menschen, dabei ist auch der Bund gefragt. Und ganz grundsätzlich müssen wir die Logik von Krieg und Gewalt umkehren und die Militärinfrastruktur in eine sozial wertvolle Gebäudewirtschaft, gemeinschaftsorientierte Aufgaben und Tätigkeiten umwandeln. Dafür werden wir im Landtag unsere Stimme erheben!
David, wir danken für dieses Gespräch und wünschen Dir viel Erfolg als Kandidat der LINKEN bei der Landtagswahl.
Zur Person: David Schwarzendahl, 32, ist von Beruf Industriebuchbinder und als Kreisverbandsvorsitzender und Stadtratsmitglied für DIE LINKE in Frankenthal politisch engagiert.

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